Meldung

Brief 2017

Liebe Freunde, Paten und Unterstützer der Kinder bei Martmany in Lima,

meine Reise nach Lima war von verschiedensten Schwierigkeiten geprägt:
Durch den Streik in Berlin flog ich statt am Freitag erst am Sonntag dem 12. 3. 17 nach Peru.
Kurz vor dem Flug erfuhr ich bei einer Untersuchung, dass sich meine Herzprobleme verstärkt hatten, daher muss ich weitere Medikamente nehmen, die mir vor allen Dingen am Anfang in Lima nicht so gut bekamen. Ich konnte nur noch mit Mühe die Treppe steigen und bekam dicke Füße.
Am dritten Tag meines Aufenthalts begannen die Überschwemmungen und Erdrutsche in Peru immer gefährlichere Ausmaße anzunehmen, bald danach wurde der Notstand ausgerufen. Auch in Teilen von Lima kam es zu Überschwemmungen, verschütteten Straßen, verletzten Menschen, unbewohnbaren Häusern usw.
Die Flüsse, die die Wasserwerke in Lima versorgen, waren voller Holz und Unrat, Helfer versuchten, diese Dinge aus den tosenden braunen Fluten zu angeln, bevor sie die Turbinen lahmlegen konnten.
Alle Schulen und Einrichtungen für Kinder wurden geschlossen, auch Martmany durfte keine Kinder mehr empfangen. Als wichtigster Grund wurde der Mangel an Wasser genannt. Diese Schließung aller Einrichtungen wurde immer wieder verlängert und endete am 27. März, dem Tag meines Abflugs nach Berlin! Auch unser geplanter Jahresausflug musste ausfallen, da die Straßen nicht sicher waren.
Im Fernsehen sah man jeden Tag schreckliche Filme und Bilder der Katastrophe. Etwa 100 Menschen starben, 150 000 wurden geschädigt, über 200 Brücken stürzten ein, mehr als 2000 km Straßen sind zerstört, 220 000 Häuser stürzten ein oder wurden beschädigt, auch viele Schulen. Die vom Schlamm überzogenen Äcker können nicht bestellt werden, die Preise für Lebensmittel steigen....
Es gab auch viel Solidarität, Menschen wurden aufgerufen, Wasser und haltbare Lebensmit- tel zu spenden. Auch junge Menschen aus meinem Bekanntenkreis fuhren in Gruppen am

Wochenende in benachbarte Ortschaften, um Menschen, die alles verloren hatten, zu helfen.
Auch in Lima gab es in verschiedenen Gegenden tagelang kein Wasser. An Tankwagen konnte man Wasser bekommen. In der brütenden Hitze bildeten sich lange Schlangen von Menschen mit Eimern, Wannen usw. In anderen Bezirken, auch bei uns, gab es Wasser nur noch etwa zwei Stunden innerhalb von 24 Stunden. Auch ich füllte Eimer und große Töpfe mit Wasser und keiner im Haus durfte mehr duschen. Vieles, was ich gerne gemacht hätte, konnte ich wegen der Naturkatastrophe nicht tun, da die Kinder nicht kommen konnten.

Wir hatten ein Treffen mit den Müttern. Die dort besprochenen Probleme sind eigentlich immer die gleichen. Zu viele Frauen bezahlen ihre Quote nicht. Es gibt die Zahlung für das Putzen des Hauses und die Zahlung für Martmany. Insgesamt sind es im Monat 8 Soles, ungefähr 2,30 €. Die anderen Mütter ärgern sich natürlich darüber. Sie finden es ungerecht, dass diejenigen, die nicht bezahlen, auch an den schönen Aktivitäten teilnehmen können usw. Es gibt sicher viele verschiedene Gründe für die schlechte Zahlungsmoral vieler Frau- en dort, aber alle besprochenen möglichen Sanktionen treffen besonders die Kinder dieser Familien, die unsere Hilfe besonders nötig haben, da sie zu Hause vernachlässigt wer- den..... Ich fühle mich ziemlich hilflos.

Eine Mutter, die Schulden hat, kann auch zum Putzen kommen. Dafür erhält sie 30 Soles (9 €). Als ich in Lima war, hatten viele der Frauen mit Schulden bei Martmany ihre Kinder

noch nicht für das Schuljahr angemeldet, da sie dann ihre Schulden hätten bezahlen müssen. So verzichteten sie lieber auf die Schulsachen im Wert von 50 Soles (14 €) und auf die kostenlose Hausaufgabenhilfe.... Das ist für mich unverständlich. Die meisten Mütter sind aber an ihren Kindern und an Martmany interessiert und arbeiten gut mit den Lehrerinnen zusammen.

Zu meiner großen Beunruhigung stellte sich heraus, dass wir im Jahr 2016 viel mehr Geld ausgegeben hatten als geplant, leider auch mehr als das Geld, welches ich durch die Patenschaften und Verkäufe bekommen hatte. Gründe sind die Gehaltserhöhung für alle, höhere Bankgebühren, da wir jetzt ein Konto in Soles haben und auch Gehaltsschecks ausstellen, die gestiegenen Lebenshaltungskosten und der viel schlechtere Wechselkurs als früher. In diesem Jahr wird es sicher nicht besser sein, im Gegenteil: Das Drahtzaun, der den Dachspielplatz umschließt, muss vom Rost befreit und gestrichen werden, die Rohre für das Regenwasser auf dem Dach müssen alle erneuert werden und die Räume brauchen dringend einen neuen Anstrich. Dazu kommen neue Auflagen der Zivilschutzbehörde, die alle zwei Jahre die Genehmigung zur Arbeit von Martmany neu erteilt. Wir brauchen eine sehr teure Anlage, die bei einem Erdbeben automatisch den Strom im ganzen Haus abstellt, Kosten etwa 1000 €, außerdem müssten eigentlich wegen der Erdbebengefahr alle Glas- scheiben und Fenster mit speziellen Laminas (Folien) beklebt werden, damit sie beim Zerbrechen nicht splittern und damit es keine Scherben gibt. Das kostet einige Tausend Euro!!!!!

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Das ist vielleicht auch der Hauptgrund, dass ich bis jetzt keine Organisation gefunden habe, die Martmany übernehmen möchte. Alle sagen dankend nein, obwohl ich ihnen laut Gesetz das Haus sogar schenken müsste, wenn sie Martmany übernehmen.
In gemeinsamen Gesprächen haben wir einige kleinere Sparmöglichkeiten gefunden, die aber nicht ausreichen. Auf die Dauer kann ich in Lima nicht mehr Geld ausgeben, als ich aus Deutschland schicken kann.

Wenn Juana, Martmanys Leiterin, in Kürze aus Altersgründen aufhören möchte, wird wahrscheinlich die Lehrerin Hilda die Leitung übernehmen können. Sie arbeitet schon jetzt eng mit Juana zusammen. Das ist für uns alle eine Beruhigung.
An meinem Abreisetag konnte ich mit einigen Jugendlichen und Lehrerinnen einen von mir auf Spanisch übersetzten Kanon einüben. Kanon singen ist in Peru unbekannt. Das war eigentlich eins meiner Ziele dort, mit allen Kindern einfache Kanons zu singen, etwas Eng- lisch zu unterrichten, erste Töne auf der Flöte zu üben und evtl. Gitarre zu spielen. Aber leider konnten die Kinder ja nicht kommen.

Einige Jugendliche haben die Oberschule beendet und möchten sich auf eine Ausbildung
oder den Eintritt in eine Universität vorbereiten. Dafür brauchen sie Geld, das die Eltern oft nicht haben. 20 – 30 € monatlich würden ihnen schon helfen.
Liebe Paten und Freunde von Martmany, vielleicht können Sie bei Ihren Bekannten etwas Werbung machen für dieses kleine Hilfsprojekt, bei dem 100 % der Spenden in Lima ankommen? Vielleicht möchten auch Menschen Flöten- oder Gitarrenunterricht finanziell unterstützen oder einem Jugendlichen die Weiterbildung ermöglichen? Oder jemand möchte Dinge aus Peru kaufen (Schmuck, Wollsachen, Weihnachtskarten, Bastelperlen....)? Oder jemand gibt mir Gelegenheit, peruanische Dinge auf einem Basar oder ähnlichem anzubieten...? Es gibt sicher viele Möglichkeiten. Auf den Kurs des Euro haben wir leider keinen Einfluss.

Post aus Lima habe ich wegen der Schließung des Hauses nur wenig mitgebracht. Einige Briefe werden sicher noch gesammelt nachgeschickt oder gemailt.
Auch wenn meine Reise vielleicht nicht so „erfolgreich“ war wie erhofft, bin ich doch dank- bar, dass das meiste dort gut läuft, dass es viele Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und einigen Müttern und Jugendlichen gegeben hat und besonders, dass niemandem von uns etwas Schlimmes passiert ist.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, viele Grüße

Susanne Stiegert-Krumhauer
Konto von Martmany: IBAN: DE28 1008 0000 0408 7409 01 S. Stiegert-Krumhauer